Ein Mitarbeiter kontrolliert eine cifX-PC-Karte von Hilscher.
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Blog: Single Pair Ethernet – Optimierter Cloud-Zugriff auf Sensoren und Peripheriegeräte

Teil 1: SPE – Eine Einführung

Single Pair Ethernet als neue Initiative, um die IP-basierte Netzwerkanbindung jedes Sensors zu ermöglichen, bietet durch die dünnere Verkabelung und den geringeren Platzbedarf bei Steckern und Anschlüssen einen enormen Mehrwert. Sie kann durch die direkte Integration in IT- und Cloudsysteme viele vorhandene Feldbusse im Sensor- und Peripheriebereich ablösen.


Nichts rückt die Digitalisierung stärker in den Fokus unseres Alltags als die radikale Störung unserer Komfortzone, wie sie etwa mit der Covid-19-Pandemie einherging. Werkzeuge und Methoden, die lange nur punktuell im Business-Leben genutzt wurden - etwa Videokonferenzen, Online-Meetings und Schulungen - wurden plötzlich Teil unserer neuen Normalität. Diese schlagartige Steigerung der Nachfrage nach digitalen Lösungen und Dienstleistungen könnte in vielen Bereichen die Wucht einer Revolution entwickeln. In der produzierenden Industrie nahm die Digitalisierung allerdings deutlich langsamer Fahrt auf. Sie ist nach Jahren staatlicher Initiativen, bei denen ihre Vorteile in Proofs-of-Concept belegt und neue Standards entwickelt wurden, in vollem Gange. Die vielfach gewünschte, nahtlose Sensor-to-Cloud-Kommunikation, wie sie etwa für Geschäftsmodelle im Bereich Predictive Maintenance, Quality Assurance oder Smart Robotics erforderlich ist, scheitert bislang aber noch an Lücken in den Netzwerkinfrastrukturen.

Hilscher geht davon aus, dass die Technologie damit 2021 in der Prozessindustrie Einzug halten wird. Die diskrete Fertigung wird erst später, gegen 2025, folgen, da die Ethernet-Infrastruktur (und speziell IO-Link) dort bereits viele Herausforderungen der Digitalisierung gelöst haben.

Aus Sicht von Hilscher gibt es keinen Zweifel, dass sich SPE durchsetzen und zusätzliche Marktanteile sichern wird. Die Netzwerkprozessoren der netX-Familie eröffnen die Option, SPE-Infrastrukturen einzuführen und mithilfe von Gateways zwischen bestehender Netzwerkinfrastruktur und den neuen SPE-Umgebungen eine sanfte Migration sicherzustellen.

Diese Blogreihe schildert den Status und den Fortschritt von Single-Pair-Ethernet aus der Sicht von Hilscher.

Digitalisierung: Entwicklung und Vorzüge

Auch wenn man jetzt von der 4. Industriellen Revolution spricht, begann der Übergang in das Zeitalter der Digitalisierung in der produzierenden Industrie schon um das Jahr 2011. Die ersten Initiativen trugen Titel wie „Plattform Industrie 4.0‟, „Industrial Internet Consortium‟ oder „Made in China 2025‟ und dienten zur Vorstellung und Finanzierung von Programmen zur Einbindung digitaler Verfahren und Technologien, die die Gesamtperformance von Produktionsumgebungen verbessern sollten. Viele weltweit tätige Beratungsunternehmen analysierten den Trend und sprachen schon damals von einem „Gamechanger”, mit Aussicht auf einen milliardenschweren Markt‟ (Accenture, 2015).

Ein „neues industrielles Paradigma” zeichne sich ab, mit einem “Bedarf an höherer Intelligenz in Embedded Systems und Wertschöpfung durch intelligente Dienstleistungen” (Capgemini, 2015). Als zentrale Erfolgsfaktoren betrachtete man seinerzeit „leistungsstarke Analyselösungen für eine vorausschauende Produktion und für durchgängige Prozesstransparenz” (Capgemini, 2015). Eine McKinsey-Analyse (ebenfalls aus dem Jahr 2015), die auf 100 Interviews mit Industrieunternehmen basiert, kommt zu einem ähnlichen Schluss: “Disruptive Technologien werden die Digitalisierung des Fertigungssektors ermöglichen”, und erwähnt unter anderem Cloud-Technologien, Advanced Analytics, Touch- und Next-Level-GUIs, Virtual und Augmented Reality, Advanced Robotics und Additive Manufacturing. Basierend auf einer Reihe von Forschungseinrichtungen definierten sie die folgenden Werttreiber:

Die Erwartungen waren also hoch und das Potenzial schien riesig. Doch trotz unzähliger Proofs-of-Concept, beispielsweise durch das Industrial Internet Consortium, blieb die zentrale Herausforderung zunächst ungelöst: Über welches vertikale Netzwerk sollten die intelligenten Industriesysteme in der Produktionshalle mit den IT-Systemen kommunizieren?

Heute, nach Jahren der Forschung, teilen wir ein klareres Verständnis davon, mit welchen Anforderungen und Vorteilen die Digitalisierung des Fertigungssektors einhergeht. Technisch gesehen hat sich OPC UA als gängiger Standard etabliert, um die Semantik der vertikalen Kommunikation zwischen der IT- und OT-Welt zu lösen. Auf der Business-Seite treiben aktuell zahlreiche Organisationen branchenübergreifende Initiativen voran, die das Potenzial haben, zumindest in Teilbereichen den 2015 prognostizierten Mehrwert zu bieten. Auch wir bei Hilscher engagieren uns – und treiben in der Open Industry 4.0 Alliance mit zahlreichen Mitgliedsfirmen innovative Programme und Geschäftsmodelle voran.

Wir unterstützen ein offenes, gemeinsames Ökosystem, um unseren Kunden in Zusammenarbeit mit einem großen Partnernetzwerk mit unseren netFIELD-Produkten und -Services einen hohen Mehrwert zu bieten. Allerdings ist die Anbindung von Cloud-Diensten an die Sensorebene noch eine Herausforderung – und mit Single-Pair-Ethernet zeichnet sich jetzt eine Möglichkeit ab, dieses Problem zu lösen.

Netzwerke in der Industrie

Parallel zu diesen Digitalisierungsinitiativen führte die Industrie ab dem Jahr 2000 über alle Branchen hinweg sukzessive Industrial Ethernet als den heute dominierenden Kommunikationsstandard ein und löste damit nach und nach Feldbus-Systeme wie PROFIBUS, InterBus, CC-Link, Sercos oder DeviceNet ab. Diverse Varianten von Ethernet wurden standardisiert, um die Nachfrage nach mehr Bandbreite und deterministischer Echtzeitkommunikation zu decken, die gerade in stark automatisierten Industrien wie der Automobil-, der Verpackungs- oder der Lebensmittel- und Getränkeindustrie von entscheidender Bedeutung ist.

Es gibt eine Reihe unterschiedlicher Ethernet-Standards, die von verschiedenen Automatisierungsunternehmen weiterentwickelt werden, und bei denen die OSI-Schichten auf MAC- und Link-Ebene unterschiedlich angepasst werden müssen, um Echtzeitanforderungen zu unterstützen. Einige Protokolle basieren auf dem klassischen TCP/IP-basierten Ethernet, andere modifizieren die Ebenen 3 und 4 und wieder andere erfordern spezielle Hardware auf dem Data-Link-Layer. Das neueste Real-Time-Ethernet-System Time-Sensitive Networking (TSN), das sich (zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Blogs) gerade in der finalen Freigabe durch das IEEE befindet, soll die Echtzeitfunktionen auf Layer 1, 2 und 3 für eine gemeinsame Hardwarebasis standardisieren. Alle Ethernet-Varianten sind dabei in der Lage, in Produktionsumgebungen die Office-Netze mit dem Shopfloor zu verbinden, und so die Performance, Transparenz und Verfügbarkeit der Anlage zu verbessern. Die Komplexität von Ethernet und die Netzwerktopologie als Daisy-Chain- oder Switched-Netzwerk erschweren jedoch spürbar die Integration von Peripheriegeräten wie Sensoren und Aktoren. Die Standardisierungsbemühungen für Single Pair Ethernet (SPE) sollen diese Lücke schließen und den Weg für eine nahtlose, Ethernet-basierte IP-Netzwerkinfrastruktur bereiten.

Die ersten Bemühungen zur Standardisierung von Ethernet auf der Basis eines einzigen Twisted Pairs stammen aus der Automobilindustrie: Deren fahrzeuginternen Netzwerke basierten auf Standards wie CAN, MOST oder FlexRay – waren aber mit Blick auf Verkabelung und Software äußerst kostspielig. Daher einigte man sich, diese sukzessive durch den Ethernet-Standard abzulösen. Allerdings war der Verkabelungsaufwand auch beim Standard-Ethernet noch vergleichsweise hoch. Broadcom hat mit BroadR Reach als erster Anbieter gezeigt, dass ein einfaches Twisted-Pair-Kabel ausreicht, um Hochgeschwindigkeitsdaten über kürzere Strecken zu übertragen. Die IEEE griff die Standardisierungsinitiative unter dem bekannten Ethernet-Standard 802.3 auf und weitete den Anwendungsbereich auf den Industrie- und Gebäudebereich aus, wo es ähnliche Herausforderungen zu adressieren gilt. Die oben genannten Industrie-Feldbusse sowie die im Bereich Gebäudeautomation eingesetzten LON-, BACnet- oder Modbus-Feldbusse stehen heute in der Regel im Fokus, wenn es darum geht, ein nahtloses IP-basiertes Netzwerk zu jedem Sensor aufzubauen.

Die vertikale Anbindung von Sensoren an die Cloud ist heute das Fundament vieler digitaler Business-Modelle. Dementsprechend ist es für Unternehmen äußerst interessant, ihre bestehenden IP-Netzwerke auch auf die Sensoren auszuweiten. Folgende Wertvorteile können genannt werden:

 

  • Höhere Transparenz, bessere Diagnostik und mehr Kontrolle
  • Zugriff auf das gesamte Automatisierungsequipment über eine Semantik (OPC UA)
  • Durchgängiges, herstellerneutrales Tooling
  • Höhere Resilienz und Verfügbarkeit
  • Weichenstellung für Predictive Maintenance und QA

Single Pair Ethernet bietet durch die dünnere Verkabelung, den geringeren Platzbedarf bei Steckern und Anschlüssen und den geringeren Raumbedarf einen enormen Mehrwert und kann viele vorhandene Feldbusse im Sensor- und Peripheriebereich ablösen. Offen ist aber noch, wie die Integration in verschiedenen Bereichen der Automatisierung erfolgen wird.

Referenzen

Accenture (2015), Purdy, Davarzani, “The Growth Game-Changer: How the Industrial Internet of Things can drive progress and prosperity”

CapGemini (2015), Bechtold, Kern, Lauenstein, Bernhofer, “Industry 4.0 - The Capgemini Consulting View - Sharpening the Picture beyond the Hype”

Weiterführende Links

Lernen Sie mehr über SPE in unserem Whitepaper von Niels Trapp! Klicken sie auf den Link zum Download.

 

Ein Mitarbeiter kontrolliert eine cifX-PC-Karte von Hilscher.

Teil 2 unserer Blog-Serie über SPE: Die Idee, IP-basierte Netzwerke bis hinunter zur Sensorebene zu ermöglichen, ist offensichtlich von Vorteil. Wie kann SPE aber in den fokussierten Geräten und Installationen eingesetzt werden?

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Zwei Hilscher-Mitarbeiterinnen im Gespräch.

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